Europawahlen – Verhärtete Standpunkte zur Mobilität
Der ACL hat bereits vor acht Monaten die Programme der verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten für die EU-Parlamentswahlen detailliert analysiert. Das Fazit war enttäuschend: Die Herausforderungen rund um die heutige und zukünftige Mobilität werden weiterhin stark unterschätzt. Wie sieht die Lage kurz vor den Europawahlen am 9. Juni aus?
Mobilität, ein entscheidendes Thema
Am 26. März 1995 trat das Schengener Abkommen in Kraft. Sein Ziel? Die Freizügigkeit im Personenverkehr zwischen den Unterzeichnerstaaten in der Europäischen Union sicherzustellen und die Kontrollen von Reisenden zu vereinheitlichen. Der heutige Schengen-Raum umfasst 29 Länder. Die Bedingungen des Übereinkommens sorgen zwar regelmäßig für Diskussionen, sie haben jedoch zum Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen Europas beigetragen.
Dennoch nimmt das Thema Mobilität in den Debatten zu den Europawahlen nur wenig Platz ein, da Themen wie der Krieg in der Ukraine, die Immigrationspolitik und die Fragen rund um eine gemeinsame Verteidigung die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Da der ACL die Mobilität aber weiterhin für ein wichtiges Thema hält, hat er sich eingehend mit den Standpunkten der aufgestellten luxemburgischen Kandidaten der 13 Listen befasst. Die gelinde gesagt vielfältigen Positionen der Parteien stehen zum Teil in völligem Widerspruch zueinander. Wir stellen Ihnen die Standpunkte in der Reihenfolge der Listen hier vor.
Liste 1 – Mir d’Vollek
Die Liste 1 hebt die Notwendigkeit einer Mobilität hervor, die für alle und insbesondere für Randgruppen zugänglich ist. Die Kandidaten fordern erhöhte Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel und die Förderung alternativer Konzepte zur Fortbewegung wie Fahrgemeinschaften und das Fahrrad.
Liste 2 – VOLT Luxemburg
VOLT Luxembourg macht sich für einen integrierten europäischen Mobilitätsansatz stark, wobei ein Schwerpunkt auf der Interoperabilität der Verkehrsnetze und der Förderung von nachhaltigen Verkehrsmitteln liegt. Die Kandidaten unterstützen außerdem die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität.
Liste 3 – LSAP
Die LSAP strebt in erster Linie an, den öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern und die Angewiesenheit auf den Pkw zu verringern. Um eine nachhaltigere Mobilität zu fördern, treten die Kandidaten für Maßnahmen wie kostenlose öffentliche Verkehrsmittel und Investitionen in die Fahrradinfrastruktur ein.
Liste 4 – FOKUS
FOKUS vertritt ein pragmatisches Mobilitätskonzept mit dem Ziel, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Belangen zu schaffen. Die Kandidaten unterstützen politische Maßnahmen, die auf die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur und die gleichzeitige Verringerung der CO2-Emissionen abzielen.
Liste 5 – KPL
Die Kommunisten treten für eine Mobilität der Zukunft ein, die auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und der Arbeiterklassen ausgerichtet ist. Sie fordern öffentliche Investitionen in erheblichem Umfang in öffentliche Verkehrsmittel und eine demokratisierte Verwaltung der Verkehrsnetze, die Nutzern eine gewisse Entscheidungsgewalt einräumt.
Liste 6 – déi Konservativ
Die Konservativen präsentieren ein Konzept, das auf den Schutz staatlicher luxemburgischer Interessen im Bereich Mobilität ausgerichtet ist. Sie treten für die Beibehaltung der nationalen Unabhängigkeit in Bezug auf Verkehrsfragen ein und sprechen sich gegen jede Form von europäischer Zentralisierung aus.
Liste 7 – Déi Lénk
Déi Lénk steht den aktuellen politischen Verkehrsmaßnahmen kritisch gegenüber und weist auf die sozialen und umweltbezogenen Ungleichheiten hin, die mit der Angewiesenheit auf das Auto verbunden sind. Die Kandidaten fordern öffentliche Investitionen in erheblichem Umfang in öffentliche Verkehrsmittel und eine deutliche Verringerung der Nutzung von Pkws.
Liste 8 – DP
Die DP bewirbt eine Vision der Mobilität, die auf technologische Innovation und ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Die Partei hebt Initiativen hervor wie die Förderung von Elektrofahrzeugen und die Entwicklung der Ladeinfrastrukur zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Verbesserung der Luftqualität.
Liste 9 – ADR
Die ADR legt den Schwerpunkt auf den Erhalt der staatlichen Unabhängigkeit im Bereich Verkehrspolitik. Die Partei befürwortet ein konservativeres Mobilitätskonzept, bei dem der Schutz der nationalen luxemburgischen Interessen bei den Verhandlungen im Vordergrund steht. Die Kandidaten sprechen sich wie bei den Parlamentswahlen erneut dafür aus, den Verbrennungsmotor für den Individualverkehr beizubehalten.
Liste 10 – Zesummen – d‘Bréck
Zesummen – d‘Bréck macht sich stark für ein ausgewogenes Mobilitätskonzept, das auf die Notwendigkeit ausgerichtet ist, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erfordernisse in Einklang zu bringen. Die Kandidaten fordern eine Verkehrspolitik, die Multimodalität und Nachhaltigkeit fördert, sowie eine verstärkte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, um grenzüberschreitenden Herausforderungen zu begegnen.
Liste 11 – CSV
Die CSV weist daraufhin, dass ein ausgewogener Mobilitätsansatz erforderlich ist, um gleichzeitig die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern, die Multimodalität zu fördern und die CO2-Emissionen zu verringern. Die Partei hebt zudem die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit bei der Umsetzung von wirksamen Lösungen hervor, um die Herausforderungen der grenzüberschreitenden Mobilität zu meistern.
Liste 12 – Déi Gréng
Die ökologische Nachhaltigkeit ist für die Grünen, wie zu erwarten war, ein zentrales Thema ihrer Mobilitätsagenda. Die Partei spricht sich für einen Übergang auf umweltfreundlichere Transportmittel wie das Fahrrad, Laufen und öffentliche Verkehrsmittel sowie für politische Maßnahmen aus, die die Abhängigkeit vom Pkw verringern sollen und eine fußgängerfreundliche Stadtplanung fördern.
Liste 13 – Piraten
Wichtigste Themen der Piraten sind die Transparenz und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Verkehrspolitik. Sie treten für ein Mobilitätskonzept der Zusammenarbeit ein, bei dem technologische Innovationen und die Förderung gemeinsamer Verkehrslösungen im Vordergrund stehen, um den sich ändernden Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden.
Was denkt der ACL?
Für die Luxemburger ist die Mobilität weiterhin ein zentrales Anliegen (siehe Umfrage vor den Parlamentswahlen). Die Positionen der verschiedenen Kandidaten spiegeln die Komplexität der Herausforderungen wider, die mit der Mobilität verbunden sind. Um allen eine erfolgreiche Zukunft in Europa und Luxemburg zu sichern, ist letztlich eine nachhaltige, zugängliche und frei gewählte Mobilität von entscheidender Bedeutung.
Von Patrick Théry